In diesem Artikel

    Wegezeit in der Gebäudereinigung: Wann die Fahrzeit bezahlt werden muss – und wann nicht

    In der Gebäudereinigung entsteht immer wieder Streit über die Wegezeit – also die Fahrzeit von Zuhause zur ersten Reinigungsstelle oder zwischen mehreren Einsatzorten. Hier erfährst du, was die Rechtslage ist, welche Regelungen gelten und welche klaren Ausnahmen es gibt.

    Grundprinzip zur Wegezeit: Arbeitszeit vs. Freizeit

     

    Im deutschen Arbeitsrecht gilt zunächst die Faustregel: Die normale Fahrt von Zuhause zum regelmäßigen Arbeitsort (typischerweise zur Firma) ist Privatsache. Sie zählt in der Regel nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit.

    Anders sieht es jedoch aus, wenn Angestellte keinen festen Arbeitsort haben, weil die Arbeit häufig woanders beginnt – so, wie es in der Gebäudereinigung oft der Fall ist. Dann kann die Fahrzeit als Arbeitszeit gewertet werden.

    Warum diese Unterscheidung?

    Fester Arbeitsort: Fahrtweg = normale Pendelstrecke, die grundsätzlich jedem Arbeitnehmer privat obliegt.

    Wechselnde Einsatzorte: Fahrtweg kann Teil der Arbeitsleistung sein, wenn Angestellte im Auftrag der Firma unterwegs sind.

    Besonderheiten in der Gebäudereinigung

     

    In der Gebäudereinigung kommt es oft vor, dass Angestellte:

    • morgens von Zuhause direkt zum ersten Objekt fahren,
    • von dort aus weiter zum nächsten Einsatzort geschickt werden,
    • und am Ende des Tages vom letzten Objekt wieder nach Hause fahren.

    Hierbei gelten verschiedene Regeln:

     

    Weg von Zuhause zur ersten Reinigungsstelle

     

    • Häufig: Keine Vergütung, da es als „normaler“ Arbeitsweg angesehen wird.
    • Ausnahmen:
      • Wenn es einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung gibt, in dem geregelt ist, dass die Fahrt vergütet wird.
      • Wenn der Arbeitgeber explizit vorgibt, dass du z.B. Werkzeuge, Materialien oder Kollegen transportieren musst und dieser Transport einen besonderen Mehraufwand bedeutet.
      • Wenn die Wegezeit zur ersten nicht regelmäßigen Arbeitsstelle länger ist als der Weg zur Firma.

    Weg zwischen verschiedenen Reinigungsstellen

     

    Diese Wege sind in aller Regel vergütungspflichtig, weil Angestellte während dieser Zeit „für die Arbeit“ unterwegs sind. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat wiederholt klargestellt, dass Reisezeiten, die in engem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen, grundsätzlich als Arbeitszeit anzusehen sind (z.B. BAG, Urteil vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17).

    Das heißt: Wird ein Angestellter morgens ins Objekt A geschickt und dann weiter nach Objekt B, C und D, zählen die Fahrten B–C und C–D als Arbeitszeit.

    Weg von der letzten Reinigungsstelle nach Hause

     

    Der Heimweg von der letzten Reinigungsstelle nach Hause gilt generell als private Fahrzeit und wird nicht vergütet – egal, wie lang dieser Weg ist. Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Heimweg vom letzten Einsatzort länger oder kürzer als der reguläre Weg zur Firma wäre.

    • Der normale Weg zur und von der Arbeitsstätte zählt regelmäßig zur privaten Zeit (§ 611a BGB).
    • Fahrtzeiten sind nur dann vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn sie dem unmittelbaren Interesse des Arbeitgebers dienen und der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht frei über seine Zeit verfügen kann
    • Fahrten zum ersten und vom letzten Kunden nur dann Arbeitszeit sind, wenn kein fester Arbeitsplatz existiert (Urteil vom 10.09.2015 – C-266/14)

    Was gilt für Heimfahrten mit dem Firmenwagen und darin gelagerten Arbeitsmitteln?

     

    Grundsätzlich gilt: Wird einem Mitarbeiter gestattet, den Firmenwagen mit nach Hause zu nehmen, und sich darin Arbeitsmittel befinden, heißt das nicht automatisch, dass die Fahrzeit zwischen Zuhause und erstem Einsatzort als bezahlte Arbeitszeit gilt.

    Entscheidend ist, ob es eine konkrete Vorgabe des Arbeitgebers gibt:

    Wird Mitarbeitern ausdrücklich vorgegeben, Arbeitsmittel mit nach Hause zu nehmen (zum Beispiel, weil es keine andere Lagermöglichkeit gibt oder der Mitarbeiter morgens direkt einsatzbereit sein muss), spricht dies dafür, dass die Fahrt zum ersten Kunden vergütungspflichtige Arbeitszeit ist.

    Wenn die Mitnahme der Arbeitsmittel dagegen freiwillig oder lediglich praktisch ist (zum Beispiel einige Reinigungsmittel, die im Fahrzeug verbleiben, aber genauso gut in einer Betriebsstätte gelagert werden könnten), spricht dies eher dagegen, dass die Fahrtzeit vergütungspflichtig wird.

    Gerichtliche Praxis hierzu:

    Gerichte (z. B. BAG Urteil vom 25. April 2018 – 5 AZR 424/17) betonen hier den konkreten Auftrag durch den Arbeitgeber als wichtiges Kriterium.

    Beispiel aus der Praxis:

    Ein Mitarbeiter einer Reinigungsfirma fährt täglich direkt von zu Hause mit dem Firmenwagen zum ersten Kunden. Der Arbeitgeber hat ihm ausdrücklich aufgetragen, dort Material für die Reinigung (z.B. größere Maschinen, Spezialgeräte, Chemikalien) zu lagern, weil am Firmenstandort kein Lagerplatz existiert oder weil er sofort beim Kunden einsatzbereit sein soll. In diesem Fall gilt die Fahrt als Arbeitszeit und muss bezahlt werden.

    Gegenbeispiel:

    Der Mitarbeiter darf den Wagen zwar mitnehmen, die Lagerung des Materials im Wagen ist aber optional oder aus reiner Bequemlichkeit – hier entsteht in der Regel keine vergütungspflichtige Arbeitszeit.

    Rechtliche Grundlagen und Urteile

     

    Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 611a: Regelt das Arbeitsverhältnis, also die Pflicht des Arbeitnehmers zur Leistung von Arbeit und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Vergütung.

    Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Definiert Arbeitszeit vor allem unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes, weniger unter dem Aspekt der Vergütung.

    Unternehmerverband Deutsches Handwerk: Hat ein Merkblatt herausgegeben, auf dem die Regelungen wie zuvor beschrieben ebenfalls zu finden sind.

    Bundesarbeitsgericht (BAG): Hat mehrmals entschieden, dass Reise- und Wegezeiten dann als Arbeitszeit gelten, wenn sie im Interesse des Arbeitgebers notwendig sind und der Beschäftigte in dieser Zeit nicht frei über seine Zeit verfügen kann (u.a. Urteil vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17). Weiteres Urteil mit bestücktem Firmenwagen: BAG 5 AZR 424/17.

    Rahmentarifvertrag Gebäudereiniger-Handwerk: Enthält konkrete Regelungen zur Arbeitszeit und Wegezeit. Insbesondere finden sich hier Vorgaben, unter welchen Umständen Fahrtzeiten zwischen Einsatzorten sowie Fahrten vom Wohnort zur ersten und von der letzten Arbeitsstelle als Arbeitszeit anerkannt und vergütet werden müssen. Diese Regelungen sind für tarifgebundene Unternehmen verpflichtend.

    Praktische Beispiele aus dem Arbeitsalltag

    Keine Vergütung der ersten Fahrt zur Arbeit:

    Situation: Silvia arbeitet in der Gebäudereinigung und fährt jeden Morgen direkt von ihrer Wohnung zu einem festgelegten Objekt – einer Schule. Dieses Objekt reinigt sie jeden Tag regelmäßig als festen Einsatzort.

    Klare Rechtslage:

    • Ihre tägliche Fahrt von Zuhause zur Schule ist eine normale Pendelstrecke und zählt nicht zur Arbeitszeit.
    • Silvia hat deshalb keinen Anspruch auf Vergütung dieser Fahrzeit.

    Vergütung der ersten Fahrt zur Arbeit (ohne feste Arbeitsstätte):

    Situation: Marc arbeitet als Reinigungskraft bei einer Gebäudereinigungsfirma und hat keinen festen Arbeitsort. Sein Arbeitgeber teilt ihm täglich mit, welches Objekt er zuerst anfahren muss. Der übliche Weg von Marcs Wohnung zur Firma würde etwa 15 Minuten betragen. Heute weist ihn sein Chef an, direkt zu einem Objekt zu fahren, das 45 Minuten von seiner Wohnung entfernt liegt.

     

    Klare Rechtslage:

    • Da Marc keinen festen Arbeitsort hat und der Weg zum heutigen ersten Objekt deutlich länger ist als der Weg zur Firma, muss ihm der Arbeitgeber die Wegezeit als Arbeitszeit vergüten.

    Dabei wird jede angefangene halbe Stunde als halbe Stunde berechnet. Insgesamt beträgt die vergütete Wegezeit in diesem Fall daher eine Stunde.

    Vergütung zwischen zwei Einsatzorten:

    Situation: Paul arbeitet ebenfalls in der Gebäudereinigung. Sein Chef schickt ihn täglich zuerst zu Objekt A (ein Bürogebäude) und danach weiter zu Objekt B (eine Arztpraxis). Er fährt regelmäßig direkt von Objekt A weiter zu Objekt B.

     

    Klare Rechtslage:

    • Paul fährt im Auftrag seines Arbeitgebers von einem Einsatzort zum nächsten.
    • Diese Fahrzeit zwischen den beiden Objekten gilt klar als Arbeitszeit.
    • Paul muss für diese Fahrzeit bezahlt werden.

    Vergütungspflicht bei Transport von Material:

    Situation: Anja erhält von ihrem Arbeitgeber einen Firmenwagen, mit dem sie täglich Reinigungsmittel und Geräte transportieren muss. Sie lädt morgens zu Hause das Fahrzeug auf Anweisung ihres Arbeitgebers mit Materialien (z.B. Reinigungsmittel, Wischer, Staubsauger) und fährt anschließend zu wechselnden Kunden.

     

    Klare Rechtslage:

    • Weil Anja explizit von ihrem Arbeitgeber angewiesen wird, zu Hause das Fahrzeug mit Arbeitsmaterial zu beladen, beginnt ihre Arbeitszeit bereits zu Hause.
    • Somit ist schon die Fahrt von Zuhause zum ersten Einsatzort vergütungspflichtige Arbeitszeit.

    Keine Vergütung des Heimwegs nach Arbeitsschluss:

    Situation: Lukas hat wechselnde Reinigungsobjekte. Er beendet seinen Arbeitstag immer beim gleichen letzten Objekt und fährt anschließend mit seinem Privatfahrzeug direkt nach Hause.

     

    Klare Rechtslage:

    • Die Heimfahrt von seinem letzten Objekt nach Hause wird als normaler Heimweg betrachtet und zählt nicht zur bezahlten Arbeitszeit.
    • Diese Fahrtzeit ist privat und wird daher regelmäßig nicht vergütet.

    Das Wichtigste zur Wegezeit auf einen Blick – darauf solltest du achten

     

    • Wege zwischen den Einsatzorten sind Arbeitszeit: Wenn Angestellte von einem Objekt direkt zu einem anderen fahren, muss der Arbeitgeber diese Fahrten bezahlen. Nur bei längeren Reisezeiten über drei Stunden gelten andere Regelungen, was im Alltag der Gebäudereiniger praktisch nicht vorkommt.
    • Erste Fahrt von Zuhause zu wechselnden Objekten: Wenn es keine feste und regelmäßige Arbeitsstelle gibt und der Arbeitgeber täglich bestimmt, wohin der Arbeitnehmer zuerst fahren soll, ist diese erste Fahrt in aller Regel vergütungspflichtige Arbeitszeit.
    • Dein Heimweg zählt nicht zur Arbeitszeit: Die Heimfahrt nach Feierabend vom letzten Objekt ist privat.
    • Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen prüfen: Falls hier abweichende Bestimmungen getroffen wurden, gelten diese.
    • Fahrzeiten/Wegezeiten dokumentieren: Wenn Angestellte ihre Wege und Zeiten aufschreiben, wird auch die Abrechnung leichter. Schaffe hierfür verbindliche Strukturen, um Missbrauch zu vermeiden.

     

    Wegezeiten klar dokumentieren und abrechnen

     

    Um Streitigkeiten über die Wegezeiten in der Gebäudereinigung zu vermeiden, helfen klare und im Vorfeld getroffene Regelungen. Um langfristig festzuhalten, dass diese auch eingehalten werden, sollten in deiner Firma die täglichen Arbeitszeiten dokumentiert werden.

    Da in der Gebäudereinigung Arbeitsbeginn und -ende nur sehr selten im Firmengebäude stattfinden, sollte die Arbeitszeiterfassung auch mobil funktionieren.

     

    Blink bietet dafür mehrere Möglichkeiten und Funktionen:

    • Einstempeln auf dem Smartphone in der App
    • Einstempeln über einen QR-Code oder NFC-Chip direkt am Objekt des Kunden
    • Auch per Terminal oder Telefon möglich
    • Standort beim Ein- und Ausstempeln wird mit GPS erfasst
    • Objektleiter sehen in Echtzeit den Status der Mitarbeiter
    • Die Daten münden direkt in der Lohnabrechnung
    Dienstplanung und Zeiterfassung Mockup

    Wegezeiten in der Gebäudereinigung – Häufige Fragen und Antworten

    Was genau zählt als Wegezeit in der Gebäudereinigung?

    Wegezeit ist die Fahrzeit, die du während deiner Arbeitszeit von einem Einsatzort zum nächsten verbringst. Fahrten von zu Hause zum ersten Objekt zählen meistens nur, wenn du keinen festen Arbeitsort hast und wechselnde Einsatzorte täglich vorgegeben sind.

    Muss mir die Fahrt von zu Hause zum ersten Einsatzort bezahlt werden?

    Ja, wenn du keinen festen Arbeitsort hast und dein Arbeitgeber täglich wechselnde Einsatzorte vorgibt. Beachte aber, dass die Fahrzeit sowie Vertragsvereinbarungen beachtet werden müssen.

    Müssen Fahrten zwischen mehreren Einsatzorten bezahlt werden?

    Ja, diese Fahrten gelten in der Regel als Arbeitszeit. Dein Arbeitgeber muss diese Wegezeit vollständig vergüten.

    Ist mein Heimweg vom letzten Objekt nach Hause Arbeitszeit?

    Nein, der Weg nach Feierabend nach Hause wird normalerweise nicht bezahlt, sondern gilt als private Pendelzeit. Es sei denn, vertragliche oder tarifliche Regelungen bestimmen etwas anderes.

    Was sollte ich tun, um meine Ansprüche zu sichern?

    Angestellte sollten ihre Arbeits- und Wegezeiten klar und nachvollziehbar festhalten (z. B. Fahrtenbuch oder digitale Zeiterfassung). So sind die Ansprüche im Zweifelsfall gut zu belegen – auch auf der Seite des Arbeitgebers.

    Du willst mehr erfahren?

    Unser Team hilft dir gerne weiter!

    Kontakt